Selbstverständnis & Geschichte
Die Evangelische Berufsschularbeit wird 1957 von den beiden Pfarrern Harald Poelchau und Franz von Hammerstein gegründet. Sie wollen junge Arbeiter*innen ansprechen; eine Gruppe, die die Evangelische Kirche mit ihrer Verankerung im Bürgertum schon lange nicht mehr erreicht. So wird der Kontakt zu Berufsschulen, Betriebsräten und Gewerkschaften aufgebaut und gepflegt.
Poelchau, ein überlebendes Mitglied der Widerstandsgruppe „Kreisauer Kreis“, sucht nach einem dem Zusammenhang zwischen christlicher Botschaft, Lebens- und Berufsalltag sowie politischem Engagement. Gemeinsam arbeiteten Pädagog*innen und Theolog*innen zunächst im Gemeinschaftkunde-Unterricht der Berufsschulen mit. Freiwillige Arbeitsgemeinschaften an Berufsschulen, Freizeiten, Fahrten und Wochenendveranstaltungen im Haus der Industriejugend in Charlottenburg gehören zum Programm.
Als für die Evangelische Berufsschularbeit ein eigenes Tagungshaus errichtet wird, wählt man den Namen „Haus Kreisau“. Franz von Hammerstein, später Generalsekretär von Aktion Sühnezeichen – Friedensdienste, schreibt dazu: „Vor allem das gemeinsame Suchen, Denken und Handeln einer sehr verschiedenen Gruppe von Menschen (Kreisauer Kreis) soll durch diesen Namen unterstrichen werden. Die verschiedenen Bereiche menschlicher Verantwortung – sozial, politisch, christlich – fallen bei ihnen nicht auseinander, sondern bilden eine Einheit.“


Der Name soll Programm sein: im Widerstehens gegen Unrecht und Tyrannei, im Eintreten für Menschlichkeit und Toleranz und in der Orientierung auf ein vereinigtes und friedliches Europa.
Das neue Haus in Berlin-Kladow bietet mehr Raum für ein- und mehrtägige Seminaren und führt zu einer Intensivierung der Zusammenarbeit zu den Berliner Berufsschulen. 1982 wird Haus Kreisau zu einer vom Berliner Senat zur Durchführung von Bildungsurlaubsseminaren berechtigten Jugendbildungsstätte und damit zum anerkannten Träger politischer Bildung. Auf dieser doppelten Grundlage, Träger politischer Bildung und Anbieter von Evangelischem Religionsunterricht an beruflichen Schulen, steht seitdem das Angebot der Evangelischen Berufsschularbeit mit ihrer Jugendbildungsstätte Haus Kreisau.
In dieser Tradition arbeiten wir heute mit den bunten und vielfältigen Klassen aus Berufsschulen zusammen: Jugendliche mit ihrer unterschiedlichen Herkunft, mit verschiedenen Überzeugungen und Einstellungen, Religionen und politischen Positionen kommen hier zusammen. Gemeinsam suchen wir nach Formen verantwortlichen Handelns in Beruf und Alltag, fragen wir nach Perspektiven für ein gutes Leben und ermutigen dazu, Verantwortung für das eigene Leben und die Gestaltung der Demokratie zu übernehmen.