#wasreligionslehrersomachen – unter diesem Hashtag findet man auf Instagram schon jede Menge Beiträge Evangelischer Religionslehrer:innen. Um Ihnen und euch unsere Religionslehrer:innen noch ein wenig genauer vorzustellen, starten wir heute mit einer kleinen Interviewreihe. Den Anfang macht Maike Schöfer, Religionslehrerin und Sinnfluencerin aus Potsdam. Sie arbeitet seit sechs Jahren als Religionslehrerin am Bertha-von-Suttner-Gymnasium in Babelsberg und an der Grundschule im Kirchsteigfeld.
Liebe Frau Schöfer, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen und uns ein wenig über ihre Arbeit als Religionslehrerin erzählen. Welche Klassen unterrichten Sie momentan?
„Zurzeit unterrichte ich die Klassen 6 bis 9, ausgebildet bin ich aber für die gesamte Grundschule und den gesamten Sekundarstufenbereich I. Ich unterrichte am Bertha-von-Suttner-Gymnasium in Potsdam-Babelsberg und an der Grundschule im Kirchsteigfeld. Das sind zwei echte Kontraste: auf der einen Seite ein anspruchsvolles Gymnasium mit einer sehr homogenen Schülerschaft, die zum größten Teil aus einem sozial starken Umfeld kommt und auf der anderen Seite eine lebhafte Grundschule mit heterogener Schülerschaft aus einem gemischten Einzugsgebiet.“
Warum sind Sie Religionslehrkraft geworden?
„Ich bin ehrlicherweise eher in das Religionspädagogikstudium „hineingeschlittert“. Anfangs hatte ich noch keine Ahnung, dass das tatsächlich einmal mein Beruf sein wird. Mit jedem Semester mehr wusste ich aber, hier bin ich genau richtig. Die Fragen und Themen rund um meinen und den Glauben anderer haben mich nicht losgelassen. So wuchs immer mehr der Wunsch, genau diesen Fragen nach Religion auch mit Kindern und Jugendlichen nachzuspüren und auf den Grund zu gehen.“
Was denken Sie, warum ist Ihrer Meinung nach Religion wichtig als Schulfach? Was haben Kinder für einen „Mehrwert“ vom Religionsunterricht konkret in ihrem Alltag?
„Der Religionsunterricht schafft einen besonderen Raum und eine besondere Lernumgebung. Hier steht der junge Mensch im Mittelpunkt mit seinen Fragen nach Gott und der Welt. Der Religionsunterricht ist wie ein Koffer, der für die Reise der Schüler*innen in die Erwachsenenwelt bestückt wird mit Liebe, Glaube, Hoffnung … Dieser Koffer soll ihnen im Alltag und in ihrer Entwicklung wie eine Stütze, ein Handbuch oder ein Wegweiser sein.“
Was ist der Unterschied zu Ethik, Lebenskunde oder L-E-R?
„Ich beschreibe es gerne so: In den Fächern Ethik, Lebenskunde und L-E-R wird von außen und oben auf die Religionen geschaut – der RU aber schaut von Innen. Er bietet die Möglichkeit einer Innenansicht des Glaubens und der Religion.“
Was für Fragen werden Ihrer Meinung nach nur im Religionsunterricht beantwortet und nicht in Ethik, Lebenskunde oder L-E-R?
„RU ist nicht nur Religionskunde, sondern befasst sich auch mit dem ganz eigenen Glauben (oder Nicht-Glauben) und der Glaubensentwicklung der Schüler:innen. Religionsunterricht ist nicht nur Kopfbildung, sondern auch Herzensbildung.“
Welche Momente sind für Sie ganz typisch in einer Reli-Stunde?
„Raum und Zeit für eigene Fragen und eigene Meinungen der Schüler*innen. Fruchtbarer Austausch, kontroverse Diskussionen, Wohlfühlatmosphäre und viel Lachen.“
Wird das Fach Religion an Ihren Schule beworben?
„RU wird an meinen Schulen von mir beworben – zum größten Teil durch meinen Auftritt beim T.d.o.T und in einer ersten Schnupperstunde für die „Neuen“.“
Wie ist das Verhältnis zu den Lehrern von Ethik, Lebenskunde oder L-E-R? Gibt es einen Wettbewerb, Rivalitäten, etc.?
„An meiner Schule gibt es nur L-E-R. Wir haben ein wertschätzendes und unterstützendes Verhältnis. Darauf lege ich viel Wert und bin sehr dankbar dafür. Manche Unterrichtsgänge oder Projekte gestalten wir auch gemeinsam.“
Was ist der religiöse Hintergrund ihrer Schüler (gläubig, säkular, andere Glaubensrichtungen)?
„Am Gymnasium haben die meisten Schüler:innen keinen religiösen Hintergrund. Dann gibt es viele, die zwar christliche sind, dies allerdings nur auf dem Papier. Die wenigsten Schüler*innen leben auch ihren (christlichen) Glauben. Es gibt in etwa fünf muslimische Schüler:innen und zwei Schüler:innen mit jüdischem Hintergrund. Andere Religionen sind meines Wissens nicht vertreten. Am Kirchsteigfeld gibt es neben den vielen konfessionslosen Schüler:innen eine starke Minderheit an muslimischen Schüler:innen.“
Aus welchen Gründen haben die Eltern das Fach Religion für ihre Kinder gewählt und nicht Lebenskunde oder L-E-R?
„Viele Eltern richten sich nach der Entscheidung ihres Kindes. Wenn ich aber mit Eltern spreche, sagen viele davon, dass sie ihrem Kind gerne „etwas mehr“ mitgeben möchten aber selber nicht von Religion oder Glauben erzählen können.“
Viele Menschen denken, Religionsunterricht sei nichts anders als Ethik, Lebenskunde oder L-E-R. Was würden Sie erwidern?
„RU ist mehr als Wissen – RU ist Futter für Herz und Seele.“
Ergänzen Sie – ganz plakativ und in einem Satz: Nur Religionsunterricht und kein anderes Fach kann …
„… Schüler*innen einen Koffer an Glauben, Hoffnung und Liebe für ihren Lebensweg mitgeben.“
Gibt es Vorurteile oder Falschinformationen gegenüber dem Fach, denen Sie immer wieder begegnen?
„Ja – Religion sei bloß Geschichten hören und Mandalas ausmalen. Aber auch, dass im RU missioniert oder bekehrt werden würde …“
Was sagen begeisterte Schüler über Ihren Unterricht?
„Kommen Sie vorbei und fragen selbst nach! Oder werfen Sie einen Blick auf den Instagramaccount bertha_glaubt – dort berichten meine Schüler:innen von ihrem Eindruck und ihrem RU.“
Herzlichen Dank für das Interview, liebe Frau Schöfer.
Mehr über Maike Schöfers Arbeit als Religionslehrerin gibt es auf ihrem Instagram-Account und Blog.