Laura Schulze unterrichtet seit dem Schuljahr 2015/16 die Klassen 1-6 an zwei Schulen in Brandenburg. Eine davon ist in Potsdam, die andere im ländlichen Brandenburg.
Was uns momentan natürlich alle beschäftigt, ist die Frage der Unterrichtsvermittlung in Zeiten von Corona-Quarantäne und Schulschließungen.
Haben Sie die Schüler*innen auf die Corona-Quarantäne-Wochen vorbereitet?
„Leider konnte ich meine SuS nicht wirklich vorbereiten. Am Freitag gab es zum Zeitpunkt, wo ich noch unterrichtet habe, sehr unterschiedliche Infos. Ab Montag waren meine Gruppen dann nur noch sehr klein. Ich habe allerdings schon in den Tagen davor angefangen, bestimmte Unterrichtsmethoden nicht mehr anzuwenden. Beispielsweise gibt es in meinem Unterricht die „Erzählstab-Runde“ – erzählt haben wir, aber eben ohne, dass der Erzählstab von Schüler*in zu Schüler*in gegeben wurde.“
Gab es Fragen der Schüler*innen zur aktuellen Situation mit Corona?
„Wirklich viele Fragen gab es von meinen SuS nicht. In einer Gruppe gab es Gesprächsbedarf, aber eigentlich waren die meisten schon ganz gut versorgt mit Antworten. Ich habe aber vor jeder Stunde nochmal an Hygienemaßnahmen etc. erinnert.“
Was hat die Schüler*innen am meisten beschäftigt?
„Meine SuS haben sich über die unterschiedlichen Informationen gewundert. Wir haben dann ein wenig über den Umgang mit Medien und anderen Quellen gesprochen. Angst hatte niemand.“
Wie wird der Unterricht an Ihrer Schule/in Ihrem Fach weitergeführt?
„Ich habe für die Eltern bzw. Schüler*innen ein Padlet erstellt. Inspiriert dazu hat mich ein Kollege aus Berlin. Auf dem Padlet habe ich nach Jahrgangsstufen sortiert Material und Ideen hinterlegt. Unsere Schulhomepage eignet sich nicht, dort Material zur Verfügung zu stellen. Die Schüler*innen/Eltern können auf dem Padlet von mir erstellte Arbeitsblätter downloaden, ausdrucken oder die Aufgaben so lösen.“
Wie geben Sie Ihren Schüler*innen das Unterrichtsmaterial mit?
„Mitgeben konnte ich nichts mehr, den Link zum Padlet habe ich über die Klassenlehrer verschickt.“
Welche Herausforderungen gibt es für Sie im Hinblick auf die Unterrichtsvermittlung in der schulfreien Zeit, also während des „Homeschooling“?
„Eine Herausforderung ist, dass den meisten der Umgang mit e-learning Plattformen und anderen Online Angeboten einfach nicht vertraut ist. Außerdem sind nicht alle Schüler*innen und Elternhäuser so gut ausgestattet. Hinzu kommt, dass Schule bisher nicht vermitteln konnte, wie man selbstorganisiert lernt: Wie strukturiere ich meinen Lerntag? Was kann ich tun, wenn ich nicht weiter komme? Aus meiner Sicht als Lerncoach ist das Thema Selbstmanagement eine sehr große Herausforderung.“
Was nehmen Sie jetzt schon als wertvolle Erfahrung aus dieser Krise mit?
„Für mich persönlich ist sehr wertvoll, dass ich mir meine zeitlichen Ressourcen selber einteilen kann und den kreativen Flow, den ich für meine Arbeit brauche, sehr gut nutzen kann. Das Beste: Endlich kann ich Online Angebote mit meinen Schüler*innen ausprobieren. Auf das Feedback bin ich schon gespannt.“
Worauf hat die Schulwelt gewartet – ist sie vorbereitet auf Unterricht von zu Hause?
„Auf Unterricht zu Hause sind die wenigsten vorbereitet. Vermutlich sehen viele Eltern sich jetzt mit relativ hohen Erwartungen konfrontiert. Deswegen habe ich meinen Schüler*innen noch mit auf den Weg gegeben: Ich erwarte nicht ausgefüllte Arbeitsblätter, sondern dass ihr ausprobiert und euch mit dem Thema Religion auseinandersetzt – welches von den angebotenen Medien ihr nutzt, überlasse ich euch.“
Gibt es eine allgemein zugängige Plattform, um in einem virtuellen Klassenzimmer zu lehren und zu lernen? Und an wem könnten wir uns ein Beispiel nehmen?
„Ich nutze Padlet. Vor einigen Jahren hatte ich mal einen Blog angelegt, damit Schüler dort verbummelte AB’s runterladen können. Der Blog wurde nicht genutzt. Schöner wäre eine einheitliche Plattform je Schule, damit man sich auch nicht ständig irgendwo einloggen muss. Der Vorteil an meinem Padlet ist, dass man nur ein Passwort braucht und dann darauf zugreifen kann. Das macht auch Sinn, weil die Grundschüler das sowieso mit ihren Eltern machen.“
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Neben all den Fragen die sich im Umgang mit dem Coronavirus stellen, interessieren uns natürlich auch #wasreligionslehrersomachen – eine Fortsetzung unserer kleinen Interviewreihe, deren Anfang Maike Schöfer in unserem Beitrag vom 20. Februar 2020 machte.
Warum ist Religionsunterricht wichtig als Schulfach? Was haben Kinder für einen „Mehrwert“ von Religionsunterricht konkret in ihrem Alltag?
„Religionsunterricht ist in unseren Schulen so wichtig, weil wir mehr bieten können als andere Fächer. Wir haben Zeit, Ressourcen und als Lehrkräfte die Kompetenz mit den SuS andere wichtige Dinge zu lernen. Die wirklich wichtigen Dinge lernen die SuS oft ganz nebenbei und aus Versehen – in Tests abfragen kann man das nicht. Wichtig ist natürlich auch wesentliche Grundkenntnisse zu vermitteln. Im RU befähigen wir die SuS Religion in ihrer Lebensumwelt und in ihrem Alltag zu entdecken, aufmerksam zu sein und und mit anderen in den Dialog treten zu können.“
Was ist der Unterschied zu Ethik, Lebenskunde oder L-E-R?
„An meinen beiden Schulen gibt es L-E-R ab der fünften Klasse. Letztendlich ist die Perspektive, mit der die Inhalte betrachtet werden, eine andere. Meine LER Kollegin und ich sind beide Experten, nur jede eben mit einer anderen Perspektive.“
Was für Fragen werden Ihrer Meinung nach nur im Religionsunterricht beantwortet und nicht in Ethik, Lebenskunde oder L-E-R?
„Ich glaube, dass sich das nicht so pauschal beantworten lässt. Meine LER Kollegen machen einen sehr guten Unterricht, der alles andere als oberflächlich ist. Besonders spannend ist, dass einige meiner Schüler*innen nach vier Jahren Reli in der fünften LER besuchen und diese verschiedenen Perspektiven entdecken können.“
Welche Momente sind für Sie ganz typisch bei einer Reli-Unterrichtsstunde?
„Ganz typische Reli Momente sind für mich, wenn die Kinder staunen – weil es in einer Geschichte eine unerwartete Wendung gibt oder weil Gott ganz anders dargestellt wird, als sie es erwarten. Genau das ist mir auch so wichtig: Die Schüler*innen dazu anzuregen, auch mal um die Ecke zu denken. Ein andere typischer Reli Moment ist immer dann, wenn ich meinen Unterrichtsplan zur Seite lege und die Schüler*innen ganz von alleine miteinander ins Gespräch kommen. In solchen Momenten werde ich gar nicht fertig mit staunen, weil meine Schüler*innen mit einer für ihr Alter unfassbaren Tiefe Themen besprechen.“
Wie ist das Verhältnis zu den Lehrern von Ethik, Lebenskunde oder L-E-R? Gibt es einen Wettbewerb, Rivalitäten, etc?
„Einen Wettbewerb gibt es nicht. Wir freuen uns beide über nicht so große Gruppen. Oft gibt es in der fünften Klasse immer einen kleinen Reli-Einbruch, weil viele LER ausprobieren wollen. Manche kommen dann aber in der sechsten wieder. Ich gebe meinen Schüler*innen nicht das Gefühl, dass sie ein schlechtes Gewissen haben müssen, wenn sie von Reli zu L-E-R wechseln.“
Was ist der religiöse Hintergrund ihrer Schüler*innen?
„Meine Schüler*innen kommen größtenteils aus Elternhäusern, die nicht so viel mit Kirche oder Religion zu tun haben. Gerade deswegen möchten sie ihren Kindern einen Zugang zur Welt der Religionen ermöglichen. Leider denken immer noch viele Eltern, dass Reli nur für getaufte Kinder ist. Auf Elternabenden habe ich immer die Gelegenheit alle einzuladen, an Reli teilzunehmen.“
Aus welchen Gründen haben die Eltern das Fach Religion für ihre Kinder gewählt und nicht Lebenskunde oder L-E-R?
„Warum sich die Schüler*innen für LER bzw. Reli in der fünften entscheiden, habe ich noch nie in irgendeiner Form erhoben. Neben den Inhalten ist natürlich der ausführende Lehrer ein entscheidender Punkt neben der Frage: Zu welchem Fach geht meine beste Freundin und habe ich eher Unterrichtsschluss als die anderen. Viele meiner Schüler*innen treffen in der Hinsicht aber eine sehr gut durchdachte und wohl überlegte Entscheidung; so nach dem Motto „Im Hort spielen kann ich auch danach noch. Ich gehe erstmal zu Reli und lerne was.““
Viele Menschen denken, Religionsunterricht sei nichts anders als Ethik, Lebenskunde oder L-E-R. Was würden Sie erwidern?
„Inhaltlich mag es Schnittmengen geben, die Perspektive ist eine andere. Lebenskunde ist allerdings ein komplett anderes Kapitel – da gibt es glaube ich keine Schnittmenge.“
Ergänzen Sie – ganz plakativ und in einem Satz: Nur Religionsunterricht und kein anderes Fach kann …
„… Schüler*innen auf einzigartige Weise einen großen Schatz an Geschichten, Werten und Fragen anbieten und sie zum reflektierten und kritischem Denken anregen.“
Gibt es Vorurteile oder Falschinformationen gegenüber dem Fach, denen Sie immer wieder begegnen?
„Reli ist nur für Getaufte. Gelegentlich auch die Sorge um Meinungs- und Glaubensfreiheit.“
Was sagen begeisterte Schüler*innen zu dem Fach?
„Reli ist toll/macht Spaß, weil wir da andere Sachen machen als in den anderen Fächern.“